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Pro:FIT, 19. Juli 2007

Tognum: Chancenreich, aber hoch bewertet


Von Ralf Vielhaber


Der Spezialmotorenbauer Tognum hat den Sprung aufs Börsenparkett erfolgreich absolviert. Seit Montag, 2. Juli 2007, werden die Aktien der früheren MTU Friedrichshafen gehandelt. Der Hersteller großvolumiger Dieselmotoren für Schiffe, Panzer, Eisenbahnen und andere motorgetriebene Spezialfahrzeuge ist in einem Segment tätig, das die institutionellen Anleger derzeit sehr schätzen. Der internationale Handel boomt; der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur hat auf allen Kontinenten oberste Priorität. Tognum bedient diesen Wachstumsmarkt und ist mit seinen Produkten weltweit präsent. Das Unternehmen erzielt derzeit hohe Margen und könnte in diesem und im kommenden Jahr um jeweils bis zu 10 Prozent wachsen.

Der schwedische Finanzinvestor EQT, der bereits den Duftstoffhersteller Symrise an die Börse brachte, platzierte 86,25 Millionen Aktien zum Preis von jeweils 24 Euro. Mit einem Emissionsvolumen von 2,07 Milliarden Euro war Tognum damit der bislang größte Börsengang in Deutschland seit dem Jahr 2000. Tognum hat beste Chancen, demnächst in den MDAX aufzusteigen. Die Präsenz in dem nach dem DAX wichtigsten Börsenindex für mittelgroße deutsche Werte sichert dem Unternehmen das Interesse internationaler Investoren - einerseits. Andererseits segelt der Börsenneuling bisher unter keinem guten Stern. Die Bookbuilding-Spanne reichte von 22 bis 26 Euro. Bei besonders chancenreichen Emissionen wird diese Range schon einmal bis ans obere Ende ausgereizt. Bei Tognum war dies nicht der Fall. Die Aktien konnten nur zu 24 Euro platziert werden.

Zu Recht wurde bemängelt, dass der Verkäufer EQT einen Preis verlangte, der wenig Spielraum für zukünftige Kurssteigerungen lässt. Zum derzeitigen Kurs von rund 25 Euro kommt Tognum auf ein 2008er Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 17 - vorausgesetzt, das Unternehmen steigert in diesem und im kommenden Jahr seine Gewinne wie von den Emissionsbanken prognostiziert. Den bei Börsengängen eigentlich üblichen Abschlag auf bereits börsennotierte Konkurrenten gewährte EQT nicht.

Der Marktwert des neuen Konzerns betrug zum Börsengang 3,1 Milliarden Euro. Der Verkäufer war vor anderthalb Jahren für rund 900 Millionen Euro beim ursprünglichen Unternehmen MTU Friedrichshafen eingestiegen. EQT kaufte einige kleinere Unternehmen hinzu und integrierte diese in das Stammhaus. Der größte Teil des Emissionserlöses floss im Zuge des IPO dem Altgesellschafter zu. Tognum selbst erhielt nur 268 Millionen Euro, die zur Tilgung von Schulden verwendet werden.

Kurz vor dem Ende der Zeichnungsfrist tauchten auch noch Vorwürfe auf, der Emissionsprospekt enthalte falsche Zahlen. Verschiedene Angaben im Anhang des Prospekts waren mit dem übrigen Zahlenwerk nicht in Einklang zu bringen. Ein unabhängiger Analyst hatte auf diesen Mangel hingewiesen. Bei einem weniger freundlichen Börsenumfeld hätte dieser Missgriff wohl zu einem Scheitern des Börsengangs geführt. Vertrauen in das Management ist dadurch gewiss nicht entstanden.

Der schwedische Finanzinvestor EQT finanzierte seinen Einstieg bei Tognum übrigens weitgehend auf Kredit. Man schätzt, dass die Schweden durch diese branchenübliche Vorgehensweise ihren Einsatz verzehnfacht haben. Für den Privatanleger ist das Chance-Risiko-Verhältnis auf dem derzeitigen Kurslevel weitaus ungünstiger. Tognum ist zwar prinzipiell ein spannendes Unternehmen, das in einer lukrativen Wachstumsnische tätig ist. Wir würden jedoch erst einmal die Halbjahreszahlen abwarten, die spätestens Ende August vorliegen sollten. Wer unbedingt vorher kaufen will, sollte hierzu einen etwaigen Rückschlag am Aktienmarkt nutzen und nur bei Kursen unterhalb von 22 Euro einsteigen.

Ralf Vielhaber ist Herausgeber der FUCHSBRIEFE und Chefredakteur der FUCHS KAPITALANLAGEN