FUCHS in den Medien

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n-tv.de, 16. Oktober 2007

Finger weg von Immobilien?


Die US-Hypothekenkrise hat die Anlageklasse Immobilien kräftig in Misskredit gebracht. So manche Renditerechnung ist geplatzt. Deutsche Immobilienaktien haben von ihren Höchstkursen im Frühjahr 2007 zum Teil bis zur Hälfte ihres Wertes verloren. Wie geht es jetzt weiter? Fragen von n-tv.de an Ralf Vielhaber, Immobilienexperte und Herausgeber der Fuchsbriefe.

n-tv.de: Ein Blick auf die Börsenkurse lässt vermuten, dass die US-Hypothekenkrise weitgehend vorbei ist?

Ralf Vielhaber: Auf den ersten Blick sieht das so aus. Der Dow notiert auf Rekordniveau und auch in Deutschland sind wir wenige Punkte vom Allzeithoch entfernt. Seitdem die Kreditinstitute Abschreibungsbedarf von mehreren Mrd. Euro bekannt gegeben haben, steigen auch deren Kurse. Die Investoren glauben langsam wieder, die Risiken einigermaßen einschätzen zu können. Die Vertrauenskrise löst sich auf. Die amerikanische Immobilienkrise ist aber längst noch nicht vorbei.

Sie rechnen mit weiteren Hiobsbotschaften?

Ja, ich glaube schon, dass da im Immobiliensektor noch einiges auf uns zukommt. Bei einem großen Teil der US-Hypothekendarlehen läuft die Zinsbindung zum vierten Quartal aus. Das führt zu steigenden Zinsen, die von vielen Kreditnehmern nicht bedient werden können. Das wird die eine oder andere Bank in Schwierigkeiten bringen. Auch Hedge Fonds sind davon betroffen. Dieses Thema wird uns bis ins Frühjahr 2008 hinein begleiten. Es geht um eine Kreditsumme von schätzungsweise einer Billion US-Dollar, die betroffen ist, aber natürlich nicht in Gänze ausfallen wird.

Und in Deutschland?

Wir haben aus gut informierten Marktkreisen gehört, dass eine nicht börsennotierte Bank in ernsthaften Schwierigkeiten steckt.

Verraten Sie uns welche?

Da es sich hier bislang um Gerüchte handelt - die wir allerdings für glaubwürdig halten - möchte ich keine Namen nennen.

Was bedeutet die US-Hypothekenkrise für die Anlageklasse Immobilie insgesamt?

Da muss man stark differenzieren. Ein Mietshaus in München oder Frankfurt am Main hat beispielsweise recht wenig mit der Immobilienkrise in den USA zu tun.

Deutsche Immobilienaktien haben aber damit zu tun.

Ja, und die wurden gewaltig in Sippenhaft genommen und bitterböse abgestraft. Aber auch hier gab es Faktoren, die mit der amerikanischen Immobilienkrise gar nichts zu tun hatten. Immobilienaktien wurden teilweise zum 1,5fachen ihres Nettoinventarwertes gehandelt. Das heißt, dass das Unternehmen 50 Prozent mehr kostete als die Immobilien, die es besaß. Das waren 50 Prozent heiße Luft. Außerdem handelten viele deutsche Newcomer mit Immobilienportfolios, die sie über Kredite finanzierten. Doch durch die Vertrauenskrise es ist schwieriger geworden, Bankdarlehen zu erhalten. Dadurch fällt ein Teil des Geschäfts weg. Schließlich hat die Regierung durch ihre REIT-Gesetzgebung enttäuscht. Wohnimmobilien sind ja von den REITs ausgeschlossen. Das hat jede Menge Fantasie zerstört und den gesamten Immobiliensektor belastet. Das hat auch dazu geführt, dass sich große ausländische Finanzinvestoren vom deutschen Immobilienmarkt zurückgezogen haben, die mit ihren Engagements zuvor für Euphorie gesorgt hatten. So etwas ist natürlich auch schlecht für Immobilienaktien.

Die Kurse der Immobilienaktien haben sich ja zum Teil halbiert. Bieten sich da wieder Einstiegsmöglichkeiten?

Durchaus. Während der Dax wieder auf Rekordniveau notiert, haben sich Immobilienaktien von ihren Tiefstkursen bislang nur wenig entfernt. Das sieht man zum Beispiel beim MDax-Wert IVG und bei der österreichischen Immofinanz AG. Allerdings muss man klar sagen: Bei diesen Anlagen handelt es sich in erster Linie um Investitionen in Aktien und nicht in Immobilien. Zur Diversifikation eines Vermögensportfolios sind sie nicht geeignet.

Was raten Sie Anlegern, die in Immobilien investieren wollen?

Etwa 60 Prozent des frei verfügbaren Vermögens haben die Deutschen in vermietete Wohnungen Häuser und Büros investiert. Viele Anleger sind also bei Immobilien kolossal übergewichtet. Wir empfehlen dringend, nicht nur mögliche Käufe genau zu prüfen, sondern auch den Bestand an Immobilien so gewissenhaft zu analysieren, wie wir es bei Aktien gewöhnt sind. Bei entsprechenden Ergebnissen dürfen Desinvestments kein Tabu sein.

Von direkten Anlagen in Wohnungen oder Mietshäusern raten Sie also ab?

Keineswegs. Doch wir beobachten, dass viele Immobilieneigentümer ein Objekt, nachdem sie es einmal gekauft haben, keiner analytischen Betrachtung mehr unterziehen: Wie viel bringt es ein, wie viel kostet es, was ist die Nettorendite. Das ist falsch. Man darf sich in Beton nicht verlieben. Denn Immobilien minderer Qualität und vor allem in schlechter Lage droht in den kommenden Jahren nahezu der Totalverlust. Mit geeigneten Objekten in guter Lage sind dagegen auch künftig Renditen von 10 Prozent pro Jahr und mehr drin.

Was sind denn geeignete Objekte und gute Lagen?

Das lässt sich nicht mit wenigen Worten beantworten. Eine entscheidende Rolle spielt aber auf jeden Fall die demographische Entwicklung. Es wird immer weniger und immer ältere Menschen geben. In Städten geht der Trend somit zu zentralen Wohngegenden, wo es die Einwohner nicht weit bis zum Arzt oder bis zum nächsten Supermarkt haben. Die Alterung der Gesellschaft wirkt sich auch darauf aus, welche Ausstattung von Immobilien nachgefragt wird. Wohnungen im dritten oder vierten Stock ohne Fahrstuhl werden in Zukunft immer weniger gefragt sein.

Was kommt für Anleger in Frage, die in Immobilien investieren möchten, sich aber nicht gleich eine Wohnung oder ein ganzes Haus leisten können?

Es gibt eine enorme Vielfalt an Möglichkeiten in Immobilien zu investieren. Angefangen bei geschlossenen Fonds, mit denen man sich beispielsweise an Pflegeheimen, Einkaufszentren oder Büros im In- und Ausland beteiligen kann. Da muss sich der Anleger aber gut auskennen, um aus der Masse der Angebote die attraktivsten geschlossenen Fonds auszuwählen. Und er muss die Prospekte gründlich lesen und verstehen können. Interessant sind ansonsten natürlich offene Immobilienfonds wie der Morgan Stanley P2 Value. Auch Zertifikate und Exchange Traded Funds (ETFs) sind sehr interessant. Es ist tatsächlich für jeden Anleger möglich, etwas Geeignetes zu finden. Grundsätzlich raten wir, das Immobilien-Vermögen international auf verschiedene Anlagekonzepte zu verteilen.