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Das Wertpapier, 1. November 2007

Private Banking: Masse statt Klasse


So läuft der Test ab

"Wer schafft 10 Prozent Rendite?" Das wollten die Tester genau wissen und haben 100 Anbieter im deutschsprachigen Raum überprüft. Getestet wird, ob die Geldhäuser dem Versprechen eines ganzheitlichen Vermögensmanagements gerecht werden. In die Bewertung fließen die Qualität der Beratungsgespräche, die Anlageempfehlungen sowie die Produkt- und Preispolitik ein.

FUCHSBRIEFE macht den Test bereits zum achten Mal, bei jedem Check wird ein Teil der Banken ausgetauscht. Mittlerweile wurden rund 300 Institute überprüft. Um in die ewige Bestenliste zu kommen, muss eine Bank mindestens drei Mal getestet worden sein. Die Studie wird am 26. November auf dem Private Banking Geipfel in Berlin vorgestellt.


Private Banking: Masse statt Klasse

Früher galt ein Kunde schon mit einem Vermögen von 1 Million D-Mark als reich und kam damit in den Genuss einer individuellen Vermögensberatung. Heute kann er 500.000 Euro besitzen und muss lange nach einer Bank oder einem unabhängigen Vermögensmanager suchen, um eine individuelle und auf seine Ziele zugeschnittene Betreuung zu bekommen. Er kann schon froh sein, wenn ihm seine Bank wenigstens gute Produkte ins Portfolio legt. Viel mehr wird er in der Regel nicht erwarten dürfen.


Der Markt für Private Banking befindet sich im Umbruch. Der harte Wettbewerb löst Rationalisierungsdruck aus. Die Banken versuchen vermehrt, Produkte und Dienstleistungen zu standardisieren und möglichst vielen Kunden innerhalb der Wertschöpfungskette anzudienen. Das klassische Private Banking gleitet zunehmend zu einer fondsgestützten Massenveranstaltung ab, bei der sich die Anleger fragen müssen, ob sie davon noch einen Nutzen haben. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Marktstudie "Tops 2008 - Vermögensmanagement im FUCHSBRIEFE-Test", die von dem Finanzverlag FUCHSBRIEFE, dem Institut firstfive und dem Institut für Qualitätssicherung und Prüfung von Finanzdienstleistungen (IQF) erstellt wird, die sich 2004 zur Private Banking Prüfinstanz zusammengeschlossen haben. Für den Check haben die Tester 100 Anbieter aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz unter die Lupe genommen. Die Studie wird Ende November vorgestellt.


Demnach müssen sich nicht nur die Privatbanken heute in einem sehr harten Wettbewerb behaupten. Auch die Kundschaft muss sich umstellen. Die Gratwanderung zwischen Fließband und Maßschneiderei zu einem für beide Seiten befriedigendem Ergebnis zu führen, ist die hohe Kunst des Private Bankings oder, wie es heute vielfach heißt, Private Wealth Managements. Dabei geht es nicht um Geldvermehrung oder Werterhalt - das macht die klassische Vermögensverwaltung -, sondern um die Abstimmung auf die persönlichen Ziele des Kunden. Geld als Mittel zum Zweck, nicht als Selbstzweck.


Vielfach ist das die Vorstufe zum "Familienbüro", einer in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten bekannten Einrichtung, die nun auch in Deutschland in Windeseile Fuß fasst. Kaum noch eine Bank, die nicht einen solchen umfassenden und gut honorierten Service ihren schwereren Kunden anbietet, wo der Banker dann eben auch die Theaterkarten besorgt. Manche Häuser tun dies sogar schon bei Vermögen von 500.000 Euro. "Family Office Light" heißt diese Sparvariante und es ist nicht recht erkennbar, wo der Nutzen für beide Seiten liegt, sieht man einmal vom Werbeeffekt ab.


Das klassische Private Banking verliert vor diesem Hintergrund viel von seiner Exklusivität. Oft haben die Kunden es mit Beratern zu tun, die bis zu 600 oder mehr Mandate betreuen und darauf geschult sind, ihnen wie ein Teppichverkäufer innerhalb einer halben Stunde die Ware - gewöhnlich einen Fonds der Bank - anzudrehen. Die Chance-Risiko-Profile sind nur selten überzeugend. Und eine einfache Vermögensstrukturierung auf Fondsbasis mit einer ausreichenden Streuung über verschiedene Anlageklassen hinweg kann sich heute jeder kostengünstig über eine Direktbank organisieren. Das kostet ihn nicht mal viel Zeit. Er muss nur am Ball bleiben und sich mit dem Marktgeschehen befassen.


Die ganz schweren Kunden bekommen immerhin einen Berater, der zumindest in der Lage ist, ein strukturiertes Gespräch zu führen und das Vermögen des Kunden auseinander zu nehmen, um Schwachstellen zu entdecken. Wenn er gut ist, kann er obendrein sogar beraten, das heißt: er erarbeitet zusammen mit dem Kunden erste Lösungsansätze für knifflige Vermögensfragen. Das kann jedoch ein Kunde mit einem Volumen unter 1 Million Euro, meist sogar unter 3 Millionen Euro immer seltener erwarten.


Es zeigt sich, dass es für deutsche Vermögende vor allem im deutschsprachigen Ausland immer schwerer wird, in den Genuss des ganzheitlichen Vermögensmanagements zu kommen, das den Kunden und seine Ziele in den Mittelpunkt stellt, und nicht die Märkte und Produkte. Wo insbesondere reiche Osteuropäer scharenweise mit zweistelligen Millionenbeträgen auftauchen, ihr Geld abliefern und wieder abmarschieren, da fällt es dem Kundenberater schwer, sich für den pingeligen und anspruchsvollen deutschen Kunden mit seinen zwei, drei Milliönchen ein Bein auszureißen. In der Schweiz, in Liechtenstein und in Luxemburg praktiziert kaum ein Haus tatsächlich "Maßschneiderei", obwohl jeder Anbieter dies behauptet. Warum bestimmte Produkte in Kundenportfolios landen, welchen Zweck sie dort erfüllen, insbesondere wie Kunden ihre Liquiditäts- und Renditeziele über einen längeren Zeitraum erreichen können - das wollen oder können die meisten Häuser dort nicht zeigen. Man ist produktverliebt, aber selten im gezeigten Sinne kundenorientiert.


Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die deutschen Anbieter, die bis zur Jahrtausendwende stets im Schatten der Schweizer Häuser standen, inzwischen die Standards setzen. Hier ist der Wettbewerb am härtesten. Es locken keine Standortvorzüge wie Bankgeheimnis oder attraktive steuerliche Rahmenbedingungen. Hier muss ein Dienstleister, will er seine Kunden begeistern, mit hohem persönlichen Einsatz, breitem Know-how und großem Einfallsreichtum agieren.


Und noch etwas zeigt die Studie: Sehr zögerlich wagen sich einige Banken daran, Vermögensverwaltung und -beratung sauber zu trennen. Denn sie müssen gegen ein Paradoxon ankämpfen, das insbesondere im Land von "Geiz ist geil" verbreitet ist: Der Kunde erwartet, dass er im Vorfeld eines Mandats umfassend beraten wird. Aber er ärgert sich darüber, dass der Anbieter diese Kosten über versteckte Provisionen hereinzuholen versucht. So spielen zwei, die eigentlich Partner sein sollten - Bank und Kunde - Katz und Maus miteinander. Die europäische Transparenzrichtlinie im Finanzbereich (MiFID), die am 1. November in Kraft tritt, zwingt die Anbieter zu mehr Transparenz. Viele Häuser erwarten, dass das Druck auf die Konditionen ausüben wird, wenn Kunden erkennen, was sie an Gesamthonorar tatsächlich für die überlassene Dienstleistung zahlen müssen.


Die Richtlinie hat weitere Auswirkungen: Sie erhöht die Aufklärungspflichten der Anbieter gegenüber ihren Kunden. Die Banken reagieren darauf mit einer Umstellung des Angebots auf einfache Strukturen wie Indexfonds. Das wird einerseits die Artenvielfalt auf dem Produktsektor verringern. Es führt aber möglicherweise auch dazu, dass die strukturierten Produkte, insbesondere Zertifikate, wieder zurückgedrängt werden. Eine für den Anleger positive Entwicklung. Denn 10% davon mögen gut sein, der große Rest dürfte aber einen zweifelhaften Nutzen für den Anleger haben, während sich die Banken mit den internen Gebühren garantiert die Taschen füllen.


Der diesjährige Markttest bringt noch eine weitere Erkenntnis. Es ist zu beobachten, welch tiefe Spuren die Aktienmarktkrise zu Anfang des Jahrtausends hinterlassen hat: beim Kunden, wie bei den Beratern. Obwohl jedes Haus dynamische Portfoliostrategien mit hohen Aktienanteilen anbietet, ist kaum ein Berater bereit, sich auf langfristige Renditeerwartungen oberhalb von 6 Prozent einzulassen. Selbst wenn der Kunde eine erhöhte Risikobereitschaft signalisiert, wird ihm dies nicht abgenommen. Stattdessen versucht die Branche, den Kunden in seinen Renditeerwartungen herunter zu schrauben.


Auch das wundert nicht: Denn ein Kunde, der gestern entsetzt war, dass seine Bank sein Geld "verbrannt hat", macht ihr heute schon wieder Feuer, dass der Nachbar (angeblich) eine deutliche bessere "Performance" bei seinem Anbieter erzielt. Die meisten Kunden können mit den finanztechnischen Risikokategorien wie Volatilität, Maximum Drawdown, Value at risk, eher wenig anfangen. Dass hohe Verlustrisiken mit hohen Renditeforderungen einhergehen, akzeptieren sie abstrakt solange, wie die Börsen - wie seit 2003 - beinahe schnurstracks nach oben marschieren. Geht es aber mal runter, kritisieren sie den Banker, dass er auf ihr Geld nicht besser aufgepasst hat. Das steckt allen Beratern in den Knochen und macht Angst vor Risiko. Es sollte aber auch nicht davon ablenken, dass überhaupt nur wenige in der Lage sind, analog zu den Stiftungskonzepten amerikanischer Eliteuniversitäten, dauerhaft Renditen im zweistelligen Bereich bei einem kalkulierbaren Risiko von 20% zu erwirtschaften.


Ralf Vielhaber