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Unternehmermagazin 4 - 2008

Deutschsprachiger Raum: Trends im Private Banking


"Du bist, was du hast". Für vermögende Kunden im "Private Banking" oder neudeutsch im "Private Wealth Management", war der Satz lange Zeit Maßstab dafür, wie man von seiner Bank behandelt wurde. Die Brieftasche entschied darüber, welchen Berater die Bank einem zumaß. Doch vorbei. Von gestern. Die Banken steuern um. Sie wollen "ganzheitlich" beraten, den Kunden mit seinen Zielen, in seiner individuellen Umgebung und aufgrund seiner Sozialisation erfassen und würdigen. Jetzt gilt: Über Geld spricht man schon noch, aber wenn, dann zuletzt.

Zunächst wollen die Banken wissen, "wie ein Kunde tickt": Was ist sein Lebensumfeld? Welche Merkmale sind typisch für Unternehmer? Diese Kundengruppe stellt immerhin 70% des Markteinkommens der ökonomischen Elite dar, zu der auch Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte Schauspieler, Sportler und Künstler zählen. Die Lebensverhältnisse und Problemstellungen, mit denen sich ein Berater auseinanderzusetzen hat, sind folglich komplex. Insofern hängt vom Einzelfall ab, wer schließlich wen betreut. Neu im Focus der Banken sind die "LOHAS", Personen mit einem Wertesystem, das "Lifestyle of Health and Sustainability" sucht, kurz gesagt: (reiche) Ökos, die ein ausgeprägtes Faible für Gutmenschen-Anlagen im Sinne nachhaltiger Investments haben.

Bei alledem geben die deutschen Privatbanken bei Innovationen in der Betreuung der international heiß umworbenen deutschen Kundschaft den Takt an. Sie haben als erste begriffen, dass in diesem engen, stark regulierten Markt, in dem auch die größte Bank kaum zweistellige Marktanteile hat, nur besteht, wer den wachsenden Anforderungen der Kundschaft auf Dauer entspricht. Die meisten Kunden sind heute erfahren genug, um zu wissen, dass in der Vermögensverwaltung alle Anbieter mit Wasser kochen. Zur Klarstellung: In der Vermögensverwaltung geht es zunächst um die Betreuung liquider Mittel durch einen oder mehrere Portfoliomanager, die Aktien, Renten, Fonds, Direktinvestments etc. zusammenstellen und regelmäßig umschichten. Diese Leistungen sind Teil des sehr viel umfassenderen, anspruchsvolleren Vermögensmanagements. Die beiden ewigen Ziele lauten: Dauerhaft überdurchschnittliche Ren¬diten zu erwirtschaften und das Verlustrisiko im einstelligen Prozentbereich zu fixieren. Doch welcher Vermögensverwalter schafft das schon in langen Zeitreihen?

Letztlich und tatsächlich aber geht es für vermögende Kunden heute immer mehr um das Management ihrer komplexen Finanzbeziehungen. Ein gestandener Unternehmer will seine Firma substanzschonend übergeben oder lukrativ verkaufen, Ehefrau und Kinder sollen versorgt sein und er will etwas für die Allgemeinheit tun, etwa durch Gründung einer gemeinnützigen Stiftung. Er hat Verbindlichkeiten, er hat gesellschaftliche Verpflichtungen, er will aber natürlich auch seine eigenen Lebensbedürfnisse auf hohem Niveau garantiert sehen und im Falle eines Falles eine vorzügliche Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen können. Für jeden dieser Punkte gibt es Spezialisten, doch wer führt am Ende die Fäden so zusammen, dass sich nicht ständig und dauernd alles heillos verwirrt?

Ein wirklich herausragender Vermögensmanager - und das haben die Privatbanken erkannt - muss diese Komplexität beherrschen und als Edeldienstleister für die auf das Gesamtvermögen des Kunden abstellende Umsetzung mit ständiger professioneller Betreuung sorgen. Es geht also nicht nur darum, zweimal im Quartal Aktien im Depot auszuwechseln und alle drei Jahre einen gewissen Anteil in Renten zu tauschen. Die qualifizierte Risikostreuung der Vermögenswerte ist heute essentieller Bestandteil jeder qualitativ hochwertigen Betreuung. Welche Risiken können und sollen Menschen denn eingehen, deren allergrößter Vermögensteil in ihren eigenen Unternehmen steckt und die ansonsten ihr Kapital in Immobilien gebunden haben?

Im deutschsprachigen Ausland haben zumindest die großen Banken mittlerweile ebenfalls verstanden, dass sie deutsche Kunden nur halten, wenn sie entsprechende Expertise besitzen, und sie rüsten diesbezüglich auf. Zumal der Lockruf "Diskretion" nicht mehr ganz so wie früher zieht. Die Schweizer bauen statt dessen auf das hohe Gut des Eigentumsschutzes und auf die Stabilität ihres Rechtssystems, während die alte Argumentation mit dem stabilen Finanzmarkt durch die "Subprime"-Kr¬se und die hohen Verluste der UBS Kratzer bekam. Insofern orientieren sich die führenden Schweizerischen Banken im Vermögensmanagement mittlerweile an den deutschen Standards. Die frühere Selbstgewissheit, im Mutterland des "Private Banking" sei man selbst das Maß der Dinge, ist verflogen. So ist es kein Wunder, dass die Tochter des deutschen Testsiegers Berenberg am Standort Schweiz die einheimischen Banken übertrumpft. Aber UBS, Credit Suisse, Vontobel, Julius Bär, eine ClaridenLeu oder Maerki Baumann haben den Ball aufgenommen und stellen sich dem neuen Spiel. Sie lernen dazu und drängen mit Macht auf den deutschen Markt.

Nämliches gilt für die 15 Banken in Liechtenstein, die allen Vorwürfen aus Deutschland zum Trotz größtenteils ebenfalls umgesteuert haben und Kunden aus Deutschland durch Qualität in der individuellen Betreuung werben wollen. Dass sie offenbar noch immer viel altes Geld aus möglicherweise nicht ganz neutralen Kassen verwalten, hat sie im Zuge der "Datenklau-Affären" eingeholt. Ihr Geschäftsmodell ist dies aber längst nicht mehr.

Die Österreicher sind schon weiter. Als Nischenspieler ziehen sie zwar Ausländer mit dem österreichischen Bankgeheimnis und mit dem günstigen Stiftungsrecht an. Aber sie haben ebenfalls früh damit begonnen, deutsche Kunden "ganzheitlich" zu betreuen, wobei sie auch für den kleineren Geld¬beutel arbeiten. Ob die grenznahen Institute in den Exklaven Jungholz und Kleinwalsertal oder die Wiener Bankenwelt: Österreichische Häuser zeigen gutes Verständnis für deutsche Kunden mit komplexeren Vermögensver-hältnissen und finden moderne Lösungen.

In Luxemburg sind nur einige deut¬sche Banken sowie die UBS anzutreffen, die mehr anbieten wollen als steuerbegünstigte Fonds, von denen niemand mehr so genau weiß, wie lange ihr Privileg noch Bestand hat. Überdurchschnittliche Betreuung gibt es dort jedoch nur in Ausnahmefällen. In Luxemburg beherrschen Verkäuferberater das Feld noch mehr als anderswo im deutschsprachigen Raum. Kein Wunder: Wo Russen mit schwerem finanziellen Gepäck, aber ohne große Anforderungen an die Dienstleistungsqualität anklopfen, muss man vielleicht keinen ganz so hohen Aufwand treiben, um anspruchsvollere Kunden mit etwas kleinerer Brieftasche rundum zu bedienen. Das gilt aber auch für Liechtenstein und die Schweiz.

Erstberatungsgespräche für wohlhabende Kunden sind heute viel strukturierter und qualifizierter ab als noch vor einigen Jahren. In den meisten Häusern treten die Berater im Team auf, wegen der komplementären emotionalen Kompetenzen oft als gemischtes Tandem. Frauen im Dienste der Bank stellen eher andere Fragen: Nach familiären Zusammenhängen, nach den Details, die wichtig sind, um ein Bild von einer Person zu bekommen. Solche Explorationsgespräche dauern mindestens anderthalb Stunden, gelegentlich können es auch drei oder vier Stunden sein, und die Häuser legen Wert darauf, die Beraterauswahl für einen Neukunden nicht mehr dem Zufall zu überlassen. "Vorchecker", erfahrene Senior-Berater, loten mit nur wenigen Fragen aus, welchem Typus Kunden angehören, wie komplex sie aufgestellt sind und welchen Berater mit welchen Erfahrungen sie brauchen. Hin und wieder, zumal in der Schweiz, werden auf Basis von (oft telefonisch eingeholten) Vorabinformationen schriftliche Problemdarstellungen und Produktlösungsansätze entwickelt, an denen sich das erste Beratungsgespräch dann orientiert. Überhaupt: Eine Bank, die nach einem solchen Termin keine sorgfältige Zusammenfassung schickt, um abzuprüfen, ob man mit denselben Informationen und Zielen herausgekommen ist, ist nicht mehr "state oft the art". In diesem frühen Stadium lässt sich noch nachjustieren, falls Botschaften falsch interpretiert worden sein sollten. Später, wenn sich die Strategie in der Umsetzung befindet, wird das schwer.

Aber auch die Anlagevorschläge werden immer ausgefeilter. Ein unkommentiertes Papier mit einem Haufen Wertpapierkennummern nutzt einem nichts. Wie soll man erkennen, warum gerade diese Aktien- und Anleihenmischung der eigenen Zielerreichung dient? Kunden wollen und sollen wis-sen, wie eine Bank auch auf Liquiditätserfordernisse Rücksicht nimmt, was etwa passieren kann, wenn die Märkte einmal nach unten rauschen. Welchen Realverlust bedeutet dann das vereinbarte Risiko? Und: Was zahlen Kunden tatsächlich und wofür? Was kommt an Bestandsprovisionen und Ähnlichem an Kosten auf den Kunden zu und wie wird die Bruttorendite dadurch gemindert? Hier sind gute Häuser mittlerweile recht transparent, wobei manch eine Bank, egal wo im deutschsprachigen Raum, immer noch mehr von Verschleierung als von Klarheit hält.

Rückt der Markt insgesamt also auch in der Angebotsqualität nach vorn, kristallisiert sich als Konstante heraus, dass konzernunabhängige Privatbanken und einige herausragende bankunabhängige Vermögensmanager das Feld beherrschen. In der "Ewigen Bestenliste", die Fuchs seit einigen Jahren führt, kann sich nur die Crédit Suisse Deutschland als Tochter ei¬ner Großbank behaupten. Als Faustregel für anspruchsvolle Kundschaft gilt: Wer schnell wächst, schafft es in einem harten Wettbewerb um die besten Berater mutmaßlich nicht, hohe Qualitätsstandards an vielen Standorten durchzusetzen. Daher sind die Banken mit breitem Filialnetz im "Private Wealth Management" in der individuellen Kundenbetreuung auch nur Mittelmaß. Top-Qualität lässt sich eben nur bedingt multiplizieren. Und wer als Bank an der Börse notiert, wird im Zielkonflikt zwischen Margenoptimierung und langfristiger Kundenbindung durch Einhaltung klarer Wertekanons im Zweifel für die Marge optieren. Auch das sollten Unternehmer im Kopf behalten.

Ralf Vielhaber